Vermessungsingenieurstag 2018
Schwerpunktthema: Open Source
Der von der Fachgruppe Geodäsie im zweijährigen Turnus durchgeführte Vermessungsingenieurtag griff am 23. November 2018 mit seinem Schwerpunkt Open Data, Open Source, Open Standards ein Thema auf, das auf große Resonanz traf – spielen offene Daten doch nicht nur in der Geoinformatik zunehmend eine große Rolle, sondern auch im Rahmen der Digitalisierung in vielen Lebensbereiche, und sind daher von allgemeinem gesellschaftspolitischen Interesse. Durch die rechtliche Implementierung des Grundsatzes „open by default“ für alle Daten der öffentlichen Verwaltungen auf Bundes- und Landesebene werden sich in Zukunft ganz neue Möglichkeiten zur Nutzung der Daten ergeben, sei es durch neue innovative kommerzielle Geschäftsideen, sei es durch und für die Zivilgesellschaft durch Steigerung der Transparenz der Handlungen der öffentlichen Verwaltung. Wie von Prof. Dr. Schröder in seinem einführenden Vortrag "Open Data und drum herum – eine Bestandsaufnahme aus Anwendersicht" darstellte, nehmen Geobasisdaten dabei eine besondere Rolle ein. Zum einen bilden sie die Grundlage für viele darauf aufbauende Anwendungen, zum anderen unterliegen sie aber besonderen gesetzlichen Regelungen, die die freie Zurverfügungstellung bisher noch einschränken.
Herr Ellsäßer vom Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg stellte dar, welche Geodatensätze bereits in Baden-Württemberg frei verfügbar sind. Sein Ausblick machte deutlich, dass im Vergleich zu anderen Bundesländern in Baden-Württemberg noch Potential für mehr Offenheit ist.
Interessant war auch ein Blick über die Landesgrenzen in das benachbarte Ausland. Herr Kanonier vom Landesamt für Vermessung und Geoinformation Vorarlberg berichtete über die Vorgehensweise in dem österreichischen Bundesland und hob dabei die Bedeutung offener Geodaten für die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen hervor. Nicht nur Daten der öffentlichen Verwaltung, sondern auch von freiwilligen erhobene Daten – VGI oder Volunteered Geographic Information – spielen ebenfalls eine große Rolle – am bekanntesten ist hier das Open Street Map Projekt. Herr Kast von der OSM Community berichtet über die Entstehung und die Entwicklung der Bewegung, wies aber auch auf Probleme hin, die sich aufgrund unterschiedlicher Lizenzen bei der Integration der freien Geodaten mit z.B. Daten der öffentlichen Verwaltung ergeben können.
Open Source Software-Lösungen sind u. a. im Zusammenhang von Geodaten-Infrastrukturen schon lange etabliert, wie Prof. Dr. Behr in seinem Vortrag "Quelloffene Softwarekomponenten im Bereich der raumbezogenen Datenverarbeitung: Eine Übersicht" darlegte.
Über die Vorteile und Probleme, die mit der Einführung von Open Source-GIS bei einer Stadtverwaltung verbunden ist, berichtete Herr Carben von der Stadt Schramberg. Offene Geodaten werden auch von der Europäischen Kommission vorangetrieben. Hierüber berichtete Herr Horn als Vertreter des Copernicus Support Office. Sein Vortrag wurde per Skype live in die Aula übertragen.
Die Nutzung der Geodaten ist ohne Interoperabilitätsstandards kaum möglich. Prof. Dr. Coors berichtete in seinem Vortrag von seiner Arbeit im Open Geospatial Consortium (OGC), das sich um Spezifikationen im Bereich der Geoinformatik kümmert. Er zeigte auch, wie mit Hilfe von open source Komponenten ein kompletter Workflow als Darstellungsservice für 3D-Stadtmodelle aufgebaut werden kann.
Das Vortragsprogramm wurde abgerundet durch einen Beitrag von Frau Eckle, Mitglied des Humanitarian OpenStreetMap Team – oder kurz HOT - an der Universität Heidelberg. Sie zeigte an aktuellen Beispielen auf, wie offene Geodaten für humanitäre Projekte und im Katastrophenmanagement ihren Einsatz finden.
Das interessante und spannende Vortragsprogramm bot beim anschließenden Ausklang der Veranstaltung im Lichthof genug Stoff für weitergehende Diskussionen unter den Teilnehmern. Vielen Dank an die Fachschaft des Studienbereichs Vermessung, die mit selbstgebackenem Kuchen und frischen Crêpes die Bewirtung für diesen informellen Teil übernommen hatte.
Prof. Dr. Dietrich Schröder